Postgesetz-Reform: Deutsche Post wird stärker kontrolliert / Nachnahme-Briefe entfallen / Lieferzeiten-Check


Das Wirtschaftsministerium hat Details zur Überarbeitung des Postgesetzes veröffentlicht (PDF hier).

Zwei Forderungen der Gewerkschaft ver.di stehen nicht Eckpunkte-Papier: Das Pakethöchstgewicht wird nicht gesenkt und bleibt wohl bei 31,5 kg. Und Subunternehmer werden in der Paketbranche nicht generell verboten, aber stärker kontrolliert.

Zur Reduzierung der Briefzustellung von 6 auf 5 Wochentage gibt es vom Ministerium keine Aussage. Post-Vorstandsmitglied Thomas Ogilvie sagte aber zur Berliner Morgenpost, dass die Post weiterhin an 6 Tagen zustellen wolle - also von Montag bis Samstag.



Kunden sollen sich leichter beschweren können

Post- und Paketdienste sollen Mindeststandards bei der Bearbeitung von Kundenbeschwerden einhalten. Dadurch soll die Anzahl der Schlichtungsverfahren bei der Bundesnetzagentur verringert werden.

Vielleicht orientiert sich das Wirtschaftsministerium ja an Großbritannien. Die dortige Regulierungsbehörde hat Regeln festgelegt, um Beschwerden von Postkunden zu erleichtern (Paketda berichtete). Beispiel: Paketdienste dürfen ihre Kontaktdaten nicht mehr auf der Website verstecken.



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Deutsche Post kommt an die kurze Leine

Die Bundesnetzagentur soll Qualitätsprüfungen bei Deutsche Post DHL durchführen dürfen und bei Mängeln wirksame Abhilfebefugnisse haben. Die Deutsche Post AG soll regelmäßig Bericht erstatten an die Bundesnetzagentur. Bei schwerwiegenden, wiederholten oder anhaltenden Verstößen soll die Bundesnetzagentur Sanktionen verhängen können.



Überprüfung von Lieferzeiten mit Daten von Matrixcode-Briefmarken

Die Lieferzeit-Vorgaben sollen praxistauglicher werden. Die bisherige Vorgabe, dass 80% der Briefsendungen im Jahresdurchschnitt am nächsten Werktag zugestellt werden müssen, ist für Kunden nicht hilfreich. Denn der Absender weiß nicht, ob sein Brief zu den 80% gehört oder nicht.

Zukünftig soll es längere Laufzeiten mit höherer Verbindlichkeit geben. Was das genau bedeutet, bleibt leider unklar.

Clevere Idee: Die Bundesnetzagentur soll die Einhaltung der Lieferzeiten anhand von Daten der Sendungsverfolgung auswerten. Die Matrixcode-Briefmarken der Deutschen Post liefern dafür massenhaft aktuelle Daten.

Siehe auch: Schnelle Briefe nur noch gegen Aufpreis?



Dubiose Subunternehmer fliegen raus

Die Bundesnetzagentur soll mithelfen, Verstöße gegen gesetzlich vorgegebene Arbeitsbedingungen bei Brief- und Paketdiensten aufzudecken. Mittels Abfragen im Gewerbezentralregister kann die Bundesnetzagentur "intransparente Subunternehmerverhältnisse" untersuchen. Sofern arbeits- und sozialrechtliche Vorgaben nicht eingehalten werden, könnten Unternehmen von der weiteren Marktteilnahme ausgeschlossen werden. Sprich: ihnen wird die Lizenz entzogen, so dass der Betrieb eingestellt werden muss.

Es ist nicht beabsichtigt, den Einsatz von Subunternehmern komplett zu verbieten. Die Gewerkschaft ver.di hat dies schon seit mehreren Jahren gefordert und kürzlich erneut aufgebracht. Allerdings erfolglos.



Nachnahme könnte entfallen

In der Post-Universaldienstleistungsverordnung ist zurzeit vorgeschrieben, dass von der Deutschen Post AG die Versandarten Eilzustellung, Nachnahme, Wertsendung und Einschreiben angeboten werden müssen.

Diese Vorgaben sollen entrümpelt werden, weil Nachnahme heutzutage "eher im Paketbereich üblich" ist und bei Briefen nicht mehr angeboten werden braucht. Die antiquierte Eilzustellung entfällt wahrscheinlich auch. Einschreiben bleibt nach Paketda-Meinung erhalten. Bei Wertsendung ist eine Einschätzung schwierig.

Sollten Versandarten aus der Verordnung gestrichen werden, bedeutet das übrigens keinen sofortigen Wegfall in der Praxis. Freiwillig darf die Deutsche Post die Versandarten weiterhin anbieten.



Packstationen und Poststationen ins Postgesetz

Das Wirtschaftsministerium schreibt schwammig, dass "digitale und automatisierte Lösungen (...) angemessen berücksichtigt werden" sollen. Sie können "den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer entsprechen".

Daraus lässt sich nichts Konkretes ableiten. Denkbar ist, dass Poststationen (aufgemotzte Packstationen) als Ersatz für Postfilialen anerkannt werden. Paketda berichtete.



Auge auf Amazon Logistics

Das Wirtschaftsministerium sieht Regulierungsbedarf, "wenn ein Unternehmen auf einem benachbarten Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und die Gefahr besteht, dass es seine Marktmacht wettbewerbsverzerrend auf einen Postmarkt überträgt". Damit kann eigentlich nur Amazon gemeint sein. Der Onlinehändler tritt mit seiner Logistiksparte immer mehr in Konkurrenz zu klassischen Paketdiensten.



Behördlicher Paketshop-Finder

Es soll eine Website erstellt werden, auf der Bürger alle Standorte von Postfilialen und Paketshops einsehen können inklusive Öffnungszeiten und dem dort verfügbaren Serviceangebot. Dadurch sollen wir Kunden die verschiedenen Post- und Paketdienste besser miteinander vergleichen können.

Prognose von Paketda: Das wird vermutlich ein Schuss in den Ofen. Die EU hat vor einigen Jahren etwas Ähnliches versucht mit einem Preisvergleichs-Rechner für den internationalen Paketversand. Das Ding ist fehlerhaft und praktisch nutzlos. Paketda berichtete.


Weitere Inhalte des Eckpunktepapiers:

  • Es soll öffentlich über den CO2-Fußabdruck von Post- und Paketdiensten berichtet werden, um sie zu Nachhaltigkeit anzuregen
  • Post- und Paketdienste sollen Kunden nachhaltigere Zustellalternativen schmackhaft machen (u.a. Kooperationen auf der letzten Meile)
  • Wettbewerber dürfen Warensendungen bis 2 kg vorsortiert und zu ermäßigtem Porto bei der Deutschen Post einliefern (zurzeit nur bis 1 kg möglich)


Neues Postgesetz: Das wünscht sich die Deutsche Post

Die Deutsche Post hat in einer Zeitschrift für Politiker aufgeschrieben, welche Erwartungen sie an die bevorstehende Reform des Postgesetzes hat. Zunächst weist das Unternehmen auf folgende Schwierigkeiten hin:

  • Im Jahr 2022 waren weite Teile des deutschen Briefgeschäfts unwirtschaftlich.
  • Seit Jahren gibt es keine großen Effizienzsteigerungen mehr.
  • Erheblich gestiegene Stückkosten aufgrund sinkender Briefmengen.
  • Steigende Lohn- und Betriebskosten senken den Gewinn.
  • Investitionen in nachhaltige Logistik werden zunehmend unattraktiv.

Um diesen Zuständen entgegenzuwirken, sollte das reformierte Postgesetz auf eine "qualitativ hochwertige postalische Versorgung, die nachhaltig und zu erschwinglichen Preisen erbracht wird", fokussiert werden. Die bisherige Förderung des Wettbewerbs in der Briefzustellung sei nämlich in allen europäischen Ländern gescheitert, so die Deutsche Post.

Erschwingliches Porto könnte durch eine Absenkung der Laufzeit-Vorgaben realisiert werden. Im Jahr 2020 stießen solche Pläne noch auf Ablehnung bei Politikern, mittlerweile hat sich der Wind gedreht.

Abschließend weist die Deutsche Post auf die guten Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter hin. Auf den Einsatz von Subunternehmern werde weitestgehend verzichtet und es gebe tarifgebundene Arbeitsplätze - meist in Vollzeit. Die Deutsche Post möchte bester Arbeitgeber der Branche sein und ist deshalb darauf angewiesen, auf dem deutschen Briefmarkt einen ausreichenden Gewinn zu erwirtschaften.



Ideen der alten Bundesregierung

So berichtete Paketda im September 2020:

Die Redaktion der FAZ hat einen Referentenentwurf zum neuen Postgesetz in die Finger bekommen und daraus Details veröffentlicht (Quelle).

  • Versandart Nachnahme darf entfallen
  • "Eilzustellung" darf entfallen (wird aber überhaupt nicht angeboten!?)
  • Postkästen sollen wie bisher in max. 1 km Umkreis erreichbar sein
  • Wettbewerber dürfen briefkastenfähige Warensendungen durch die Deutsche Post zustellen lassen
  • Zustellung darf von 6 auf 5 Wochentage reduziert werden

Ein starker Eingriff wäre es, wenn Wettbewerber ihre Warensendungen über die Deutsche Post ausliefern dürften. Eine solche Verpflichtung besteht bislang nur für den lizenzpflichtigen Briefbereich, also Sendungen bis 1000 Gramm. Das Wirtschaftsministerium will den Wettbewerb zwischen Deutscher Post und privaten Briefdiensten erhöhen.

Denkbar wäre sogar, dass Paketdienste briefkastenfähige Sendungen an die Deutsche Post übergeben. Beispielsweise in dünn besiedelten Regionen, wo die Zustellkosten aufgrund langer Fahrtwege und geringer Sendungsmengen besonders hoch sind.

Der ehemalige UPS-Deutschlandchef Frank Sportolari hatte in einem Interview bedauerte, dass es so eine Regelung in Deutschland nicht gibt. In den USA profitieren UPS und andere Paketdienste davon, Sendungen in entlegene Regionen an die Staatspost USPS übergeben zu dürfen. Kritiker wie Ex-US-Präsident Trump bemängeln, dass private Logistikunternehmen dadurch auf Staatskosten unterstützt werden, denn USPS macht jedes Jahr Verluste in Milliardenhöhe.


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