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Post plante schon 2017, dass jeder Brief verfolgbar werden soll

Briefmarken mit Matrixcode
Morgen startet die Deutsche Post den Verkauf von Briefmarken mit Matrixcode. Die integrierte Sendungsverfolgung ist einerseits nützlich für Kunden, andererseits hilft sie auch der Deutschen Post.

Überlegungen, jede Sendung nachverfolgbar zu machen, begannen bei der Deutschen Post vor mindestens vier Jahren. Dr. Ole Nordhoff, damals CEO Post Deutschland und aktuell Vertriebs- und Marketingleiter bei Deutsche Post DHL, skizzierte die Vision in einem Strategiepapier 2017 so:

Die Fähigkeit, grundsätzlich jede Sendung in unserem Netzwerk nachverfolgen zu können, wird maßgeblich für unseren zukünftigen Erfolg sein. Dies gilt für BK, E-POST, DM und Presse, egal ob warentragend, unadressiert oder nicht. Diese Fähigkeit ist essenziell, um neue Produkte zu entwickeln, wirkliches qualitätsorientiertes Laufzeit-Reporting zu betreiben und auch intern Sendungsmengen besser steuern zu können. Das heißt nicht, dass wirklich jede Sendung nachverfolgt werden wird, denn dies wird voraussichtlich nicht wirtschaftlich sein. Aber der Aufbau der Fähigkeit, es zu können, muss für die nächsten Jahre oberste Priorität der Weiterentwicklung in Betrieb und IT sein.

BK = Briefkommunikation (Normale Briefe), DM = Dialogmarketing (Werbebriefe)

Mit dieser Strategie handelt die Deutsche Post nicht so radikal wie die litauische Post. In Litauen bekommt wirklich jede einzelne Sendung einen Strichcode, wodurch die Postbearbeitung effizienter werden soll (Paketda berichtete).

Für Deutschland gilt: Je mehr Kunden die neuen Briefmarken mit Matrixcode verwenden, desto leichter kann die Post die Lieferqualität überwachen, also z.B. Unter- und Überlastungen in Sortierzentren identifizieren.

Beim bisherigen, alten Modell wird die Lieferqualität im Briefbereich mit Testsendungen gemessen. Freiwillige Brieftester überall in Deutschland registrieren die Zustelldaten von Briefen, so dass die durchschnittliche Lieferzeit berechnet werden kann.

Diese Methode ermöglicht jedoch keinen einfachen Rückschluss auf Störungsquellen. Sind beispielsweise viele Briefe von Bremen nach Augsburg verspätet, so ist die lange Lieferzeit zwar offensichtlich, nicht aber die Ursache.

Mit Matrixcode-Briefmarken wird die Ursachenforschung einfacher, weil die Post nicht mehr auf einige Tausend Testbriefe angewiesen ist. Stattdessen können Millionen Briefe quasi in Echtzeit überwacht werden. Probleme werden so schneller bemerkt und sie sind besser lokalisierbar.


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Steuert die Post bald, wie schnell Briefe ankommen?

Aus dem Strategiepapier, das Paketda vorliegt, gehen noch weitere Zukunftspläne hervor. Durch die individuelle Identifizierung jeder Sendung wäre auch eine individuelle Bearbeitung denkbar. Ole Nordhoff schrieb 2017 über die bewusste Verlangsamung oder Beschleunigung von Sendungen:

Aufbauend auf der im vorigen Punkt beschriebenen Transparenz über unsere Sendungsmenge wird es für uns in der (näheren und weiteren) Zukunft wichtig sein, stärker aktiv zu steuern, an welchem Tag eine bestimmte Sendung zugestellt wird. Während wir aktuell mehrheitlich nach dem FiFo-Prinzip (First in First out) Sendungen zustellen und BK stark auf E+1 sowie DM auf E+2 bis E+4 ausrichten, benötigen wir zukünftig die Fähigkeit, Sendungen auch bewusst zu verlangsamen bzw. zu beschleunigen. Denn zum Einen können wir dadurch einem Teil unserer Versenderkunden einen Mehrwert bieten, denn wir können präzise vorhersagen, wann die Sendung den Empfänger erreicht. Dies ist insbesondere für DM-Kunden attraktiv, die ihre Werbebotschaft zeitlich genau aussteuern wollen, und beispielsweise auch Call-Center-Kapazitäten darauf ausrichten möchten. Zum Anderen geht es bei der Sendungssteuerung um die Steigerung der Effizienz in der Zustellung. Wichtig ist allerdings, dass wir dies unter Einbezug unserer Kunden tun, um den Sendungsmengenrückgang durch eine ggf. wahrgenommene Qualitätsverschlechterung nicht weiter zu beschleunigen.

In vielen Ländern gibt es Briefe in zwei Geschwindigkeitsstufen. Beispielsweise 1st und 2nd Class Briefe in Großbritannien. In Österreich gibt es Prio- und Eco-Briefe: Ein Priobrief mit 1 Tag Lieferzeit kostet 85 Cent Porto und ein Eco-Brief mit 2-3 Tagen Lieferzeit nur 74 Cent.

► In Deutschland wird so ein Preismodell vermutlich nicht schnell umgesetzt. Die Deutsche Post muss 80% aller Briefe am nächsten Tag zustellen. Aktuell liegt der Wert bei 85,4% (Paketda berichtete). Deshalb ist eine zusätzliche Verlangsamung der Brieflieferzeiten nicht denkbar.

Es sei denn, das Postgesetz wird überarbeitet und die 80%-Quote herabgesetzt. Wegen Corona hat die Bundesregierung 2021 im Postbereich nur wenige Reformen auf den Weg gebracht. Es bleibt abzuwarten, wann eine große Modernisierung des Postgesetzes folgt.

Unter dem Aspekt des Klimaschutzes brachte die Deutsche Post 2019 mal eine Verlangsamung der Briefzustellung ins Gerede (siehe z.B. rheinpfalz.de). Konkrete Pläne gebe es nicht, sagte ein Post-Sprecher damals, aber wenn innerhalb Deutschlands klimaschonend auf den Transport per Luftpost verzichtet wird, "hätte das unmittelbar Auswirkungen auf die Brieflaufzeiten".

Strategiepapier der Deutschen Post


Über die Quelle

Das zitierte Strategiepapier wurde vergangenes Jahr bei eBay angeboten ("RAR") und von Paketda angekauft. Das 70-seitige, gelbe Heft trägt den Titel Post Tag & Nacht.

Im Vorwort schreibt Dr. Ole Nordhoff, dass man zu vielen Themen seines Strategiepapiers "verschiedener Meinung sein kann und teilweise auch sein sollte". Es handelt sich also um keinen Geschäftsplan, der genau so umgesetzt wird.

Trotzdem ist das Dokument glaubwürdig, weil mehrere darin geschilderte Ideen bereits realisiert wurden. Beispielsweise die Versandart DHL Warenpost für kleine Pakete, die Kooperation mit Web.de und GMX beim Thema E-Post, und jetzt die Verfolgbarkeit gewöhnlicher Briefsendungen.


Nachtrag

In einem Bundestags-Protokoll vom 16. Mai 2019 (hier als PDF, S. 75) erwähnte FDP-Politiker Reinhard Houben die beiden Ideen "verfolgbare Briefe" und "langsamer Billigbrief". Wörtlich sagte er damals:

"Um auf die Post zurückzukommen: Wer sagt uns denn, dass es keine weiteren Innovationen gibt? Warum gibt es nicht zum Beispiel einen Brief, den man wie ein Paket per Sendungsverfolgung tracken kann? Warum ist das nicht im Angebot? Warum sagt man nicht, dass man einen Billigbrief einführt, der irgendwann ankommt und nicht innerhalb eines Tages?"


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