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DPD Schweiz: Gewerkschaft Unia kritisiert Arbeitsbedingungen scharf

Screenshot von Unia.ch
Unia, größte Gewerkschaft in der Schweiz, kritisiert die Arbeitsbedingungen von DPD-Zustellern. Eigenen Angaben zufolge hat die Gewerkschaft mit mehr als 200 Zusteller/innen gesprochen. "Die Treffen waren oft erschütternd und ihre gut dokumentierten Geschichten könnten ein Buch füllen und exemplarisch für die Ausbeutung von prekarisierten Menschen in der Schweiz des 21. Jahrhundert stehen.", schreibt Unia im Vorwort des umfangreichen Reports "System DPD" (hier als PDF).

Roman Künzler von Unia erhebt schwere Vorwürfe: "Die Löhne der Fahrer*innen sind skandalös tief. Zusätzlich werden ihnen nach unseren Berechnungen jährlich 6-12 Millionen Franken geschuldeter Lohn vorenthalten. Das sind neue Dimensionen des Lohndumpings in der Logistik. Auch den Sozialwerken fehlt dadurch jedes Jahr ein Beitrag in Millionenhöhe. Dieses Geld steht den Fahrer*innen zu."

Laut Unia werden Zusteller "auf Schritt und Tritt (...) im «System DPD» überwacht und ihre Handlungen sanktioniert. Die zumeist migrantischen Fahrer*innen werden von den Subunternehmen ausgenutzt, da es diesen aus verschiedenen Gründen (Sprachkenntnisse, Aufenthaltsstatus u.a.) schwerer fällt, sich gegen die prekären Arbeitsbedingungen zu wehren. Die Stimmung am Arbeitsplatz ist häufig repressiv." Über einen Strafenkatalog von DPD Schweiz, mit dem Verstöße von Mitarbeitern geahndet werden, berichtete Paketda 2019.

DPD soll sich gegenüber Unia wenig kooperativ gezeigt haben. Die Vorwürfe seien zu pauschal geäußert. Außerdem seien die Fahrer nicht bei DPD angestellt sondern bei Subunternehmern. Gegenüber dem SRF teilte DPD mit:

"Die Fahrerinnen und Fahrer sind Angestellte der Vertragspartner und diese sind für die Einhaltung der Arbeitszeiten und der Pausen verantwortlich. DPD sind keine konkreten Fälle von entsprechenden Verstössen bekannt. UNIA hat uns gegenüber bisher nur pauschale Vorwürfe ohne Evidenz angebracht. Wir können erst reagieren, wenn uns von UNIA konkrete und belegte Sachverhalte vorgelegt werden. (...) Unsere Vertragspartner sind vertraglich verpflichtet, die Arbeitsbedingungen gemäss GAV KEP&Mail einzuhalten. Bei Verdacht, dass dies nicht eingehalten wird, kontrollieren wir dies und trennen uns bei Zuwiderhandlungen vom Vertragspartner."

Um gegen eine "DPD-isierung der Arbeitswelt" zu demonstrieren, organisierte Unia zusammen mit den französischen Gewerkschaften CGT und SUD am 1. März eine Protestaktion von der Zentrale von DPD Europa in Paris. Zusätzlich fanden Demonstrationen vor schweizerischen DPD-Depots statt.

Unia fordert Verhandlungen mit der DPD (Schweiz) AG sowie die Herausgabe von Arbeitszeitdaten der Handscanner. Damit sollen Arbeitnehmer ihre tatsächliche Arbeitszeit beweisen können und Lohn nachfordern können. DPD lehnt beides angeblich ab.

Vergleicht man die Schweiz mit Deutschland, so dürfte die Gewerkschaft Unia erst am Anfang eines langen Weges stehen. In Deutschland verschärfte sich die Kritik an Subunternehmer-Modellen in der Paketbranche ungefähr ab 2012. Damals ließ sich Günter Wallraff bei GLS einschleusen (Paketda berichtete). Die von Wallraff aufgedeckten Missstände ähneln ziemlich genau den Vorwürfen, die Unia jetzt gegen DPD Schweiz erhebt.

In 2019 wurde in Deutschland ein Paketbotenschutzgesetz verabschiedet, um die Arbeitsbedingungen für Zusteller zu verbessern (Paketda berichtete). Außerdem unternehmen Paketdienste selbst Anstrengungen, indem sie sich bzw. die Subunternehmer durch unabhängige Prüfer zertifizieren lassen. Nichtsdestotrotz kommt es weiterhin zu Zollkontrollen bei Paketdiensten wegen eklatanter Gesetzesverstöße (wie neulich im Raum Osnabrück).

Quellen: www.unia.ch | | www.unia.ch | www.beobachter.ch


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