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Bald wieder Billig-Subunternehmer bei Deutsche Post DHL?


Im Interview mit der Berliner Morgenpost erklärte Post-Personalvorstand Thomas Ogilvie, möglicherweise wieder in die Fremdvergabe einzusteigen. Damit ist die Auslagerung der Brief- und Paketzustellung an Subunternehmer gemeint.

Ogilvie: "Wenn wir nicht mehr ausreichend in neue Betriebsstandorte investieren können, stellt sich die Frage, ob wir diese Standorte weiter selber betreiben können und wollen, oder ob wir sie fremdvergeben."

Das erinnert an die ehemaligen DHL Delivery GmbHs, in die DHL-Zusteller von 2015 bis 2019 ausgelagert wurden. Dort verdienten sie weniger Geld als bei einer Direktanstellung beim Deutsche-Post-Konzern.

2019 beschlossen die Gewerkschaft Verdi und die Deutsche Post AG die Auflösung der DHL Delivery GmbHs. Thomas Ogilvie sagte damals, dadurch stärke die Deutsche Post ihre "Attraktivität als Arbeitgeber". Postchef Frank Appel sagte, man wolle sich "bewusst von einem Niedriglohnwettbewerb in der Branche" abgrenzen.

Nun also die Drohung mit der Rolle rückwärts; hinein in den Niedriglohnwettbewerb. Paketdienste wie Hermes dürfte das freuen, weil deren Zusteller nicht mehr mit hohen Konkurrenzlöhnen abgeworben werden können (Paketda berichtete).

Andererseits können sich auch Subunternehmer keine Mini-Löhne mehr erlauben, sonst fänden sie angesichts der harten körperlichen Arbeit gar keine Zusteller mehr. Deshalb ist fraglich, ob die von der Deutschen Post geplante Fremdvergabe wirklich einen hohen Spareffekt hätte.

Im Paketbereich ist die Vergabe an Subunternehmer vermutlich einfacher als im Briefbereich. Denn die korrekte Zustellung von Einschreiben, Nachnahme, PZA, usw. erfordert geschulte Mitarbeiter. Problem für die Post: Die reine Paketzustellung wird bis 2025 auf 30 Prozent reduziert. 70 Prozent werden Verbundzusteller sein, die gleichermaßen die Brief- und Paketzustellung beherrschen müssen.

Personalvorstand Thomas Ogilvie glaubt, "eine hohe [Zustell-] Qualität auch mit zuverlässigen Partnern" gewährleisten zu können.

Bei der Gründung der DHL Delivery GmbHs 2015 äußerte Verdi daran jedoch Zweifel. Die zu Niedriglöhnen eingestellten Mitarbeiter seien "bei Weitem nicht so produktiv wie unsere alten Kollegen, die noch eine ganz andere Bindung zu ihrem Arbeitsplatz hatten." (Paketda berichtete.)

2018 soll Frank Appel in einer Mitarbeiterzeitschrift bestätigt haben, dass die Produktivität regional "dramatisch unterschiedlich" ausfällt (Paketda berichtete).

Auf die jetzt angedrohte Fremdvergabe reagiert ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis mit folgendem Statement

"Auf diese Weise Ängste zu schüren, ist ein weiterer Versuch, die Beschäftigten bei der Urabstimmung negativ zu beeinflussen. Die Absicht hinter der angedrohten Ausgliederung ist klar: Eine gute tarifliche Bezahlung soll durch Fremdvergabe umgangen werden. Die Drohung der DP AG macht deutlich, wie die Fremdvergabe eingesetzt wird, um Tarifbindung und Tarifautonomie zu unterlaufen."

Verdi hätte es am liebsten, wenn Post- und Paketdienste gar keine Subunternehmer mehr einsetzen dürften. Eine entsprechende Gesetzesinitiative unternimmt das Bundesland Bremen (Paketda berichtete).



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Verdi jubelt: DHL Delivery wird zum 1. Juli 2019 abgeschafft

So berichtete Paketda im März 2019


Mancher Kunde erinnert sich noch an den deutschlandweiten Poststreik von April bis Juli 2015. Damals wollte die Gewerkschaft Verdi verhindern, dass Paketzusteller bei neu gegründeten DHL-Delivery-Tochtergesellschaften zu Billiglöhnen angestellt werden ("ein sozialpolitischer Skandal ersten Ranges", so Verdi damals). Verdi unterlag in dem Streik und DHL Delivery wurde gegründet.

Vier Jahre später feiert Verdi einen großen Erfolg; nämlich die Abschaffung der DHL-Delivery-Gesellschaften zum 1. Juli 2019. Rund 13.000 Zusteller werden in den Haustarifvertrag der Deutschen Post AG übergeleitet.

Außerdem wurde ein Kündigungsschutz für alle Tarifangestellten bis zum 31.12.2022 vereinbart. Und bis Ende 2020 sichert die Deutsche Post zu, in der Brief- und Verbundzustellung keine Aufträge an Fremdfirmen zu vergeben.

Angaben von Verdi zufolge verdienen Zusteller durch den neuen Tarifvertrag mehr Geld. "Das Plus liegt je nach Tarifgebiet zwischen 47 Euro und 316 Euro im Monat.", heißt es in einem von Verdi bei Facebook veröffentlichten Flyer.

Postchef Frank Appel kommentiert den "Zukunftsvertrag" mit Verdi ebenfalls positiv: "Mit dieser Vereinbarung machen wir einen weiteren Schritt zu wettbewerbsfähigen Tarifstrukturen im Brief- und Paketmarkt und schaffen Voraussetzungen für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg. Gleichzeitig grenzen wir uns bewusst von einem Niedriglohnwettbewerb in der Branche ab."

Personalvorstand Thomas Ogilvie ergänzt, dass es die Vereinbarung dem Deutsche-Post-Konzern ermöglicht, "unsere Attraktivität als Arbeitgeber zu stärken".

Paketdienste konkurrieren auf dem vielerorts leergefegten Arbeitsmarkt um jeden Mitarbeiter. Der neue Tarifvertrag bei der Deutschen Post könnte die Situation bei Wettbewerbern wie DPD, GLS und Hermes verschärfen, falls deren Zusteller aufgrund besserer Verdienstchancen zur Post wechseln.


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