Thüringen, Niedersachsen und Bremen fordern bundesweites Subunternehmer-Verbot


Anfang Februar startete die Bremer Landesregierung (SPD, Grüne, Linke) eine Initiative für ein bundesweites Verbot von Werkverträgen in der Paketbranche. Dieser Forderung schließen sich die Bundesländer Thüringen und Niedersachsen an.

Das vorrangige Ziel ist ein Subunternehmer-Verbot (Werkvertragsverbot). Niedersachsen fordert außerdem ein Höchstgewicht von 20kg pro Paket.

In einem Antrag für eine erste Beratung im niedersächsischen Landtag ist von "zu hoher Arbeitsbelastung, psychischem Druck, Verweigerung von Lohnansprüchen, fehlender Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Haftung bei Schäden am Lieferfahrzeug, zu vielen und zu schweren Paketen und damit von Verstößen beim Gesundheitsschutz" die Rede. Um dagegen anzusteuern, soll es "tariflich abgesicherte Beschäftigung" geben.

Laut Neuer Osnabrücker Zeitung gelte Deutsche Post DHL für niedersächsische Politiker als Vorbild, weil sie "zu fast 100 Prozent" eigene Zusteller beschäftige. Das bezeichnet Transportunternehmer Michael Mlynarczyk (bei Linkedin) als Lüge, weil DHL "nachweislich auch Subunternehmer einsetzt".

Nur in der Konzernsparte Post & Paket Deutschland werden fast alle Zusteller/innen direkt beim Postkonzern angestellt. In anderen Bereichen wie DHL Express, DHL Freight, bei Briefkasten-Leerungen und Transportfahrten zwischen Logistikzentren setzt auch Deutsche Post DHL Subunternehmer ein.



Bremen versucht, bundesweites Subunternehmer-Verbot durchzusetzen

So berichtete Paketda am 8. Februar 2023

Die Bremer Politiker möchten die Arbeitsbedingungen von mehr als 250.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitarbeitern verbessern und verlangen, dass alle Mitarbeiter direkt bei Paketdiensten angestellt werden und nicht bei Subunternehmen. Quelle: Radio Bremen.

Die Initiative, die über den Bundesrat beschlossen werden soll, bezieht sich auf Subunternehmen, die für die großen Paketdienste wie z.B. Hermes, DPD, GLS oder Amazon tätig sind. Angeblich unterlaufen viele Subunternehmer den Mindestlohn und Arbeitszeitvorschriften.

Auf dem russischsprachigen Jobportal layboard.com gibt es beispielsweise Ausschreibungen für Mitarbeiter, die bei DPD, Hermes oder GLS in Deutschland eingesetzt werden sollen. Eine Anzeige trägt den Titel "Mitarbeiter im DPD Postlager in Hamburg 10 - 12 Euro". Weniger als 12 Euro pro Stunde wären eine Unterschreitung des Mindestlohns.

In einer anderen Anzeige werden 1.500 Euro/Monat versprochen bei "10-12 Stunden täglich, 5-6 Tage die Woche". Den Mitarbeitern werden 300 Euro pro Monat für eine Unterkunft vom Lohn abgezogen.

Subunternehmer bzw. Werkverträge in der Paketbranche zu verbieten, ist eine in den letzten Wochen von der Gewerkschaft Verdi erhobene Forderung. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser erhob sie erstmals im Dezember 2020 in den Medien (Quelle).

Abgelehnt werden die Verbotspläne von Paketdiensten sowie rechtschaffenden Subunternehmern. Michael Mlynarczyk, Inhaber von MMK Frachtdienste, äußerte sich wie folgt bei Instagram:

"Ich persönlich bin seit mehr als 26 Jahren Transportunternehmer in der KEP-Branche. Ich habe keine Haftstrafen erlitten, bei uns sind jegliche Prüfungen stets EINWANDFREI durchgeführt und bewertet worden. Warum soll ich mich nun, mit einer solchen Forderung auseinandersetzen. Ich habe jahrelang Arbeitsplätze erschaffen und gehalten und werde nun wie ein räudiger Hund durch die Straßen getrieben!?

(...) Weil es schwarze Schafe gibt, sind alle Schafe schwarz? Wir kämpfen schon gegen die Wettbewerbsvorteile der DPDHL (Dt. Post /DHL) und nun sollen wir noch gegen die Verdi bestehen?! Wie sollen wir da noch langfristige Entscheidungen treffen können? Wie Investitionen eingehen?"


Es gibt bereits ein Gesetz, das seit Januar 2021 Werkverträge in der Fleischindustrie verbietet. Theoretisch wäre es einfach, das Gesetz auf die Paketbranche auszuweiten. Ob es dafür tatsächlich eine breite politische Unterstützung gibt, ist jedoch fraglich. Es bleibt abzuwarten, ob die Gesetzesinitiative aus Bremen auf Bundesebene Erfolg haben wird.




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DPD-Subunternehmer verrät Interna

Bei der Heidenheimer Zeitung erschien Mitte Dezember ein Insiderbericht eines DPD-Subunternehmers. Der Mann erklärt, dass sich ländliche Ausliefertouren finanziell nicht lohnen, er sie aber trotzdem durchführen müsse.

Eigentlich bräuchte der Subunternehmer 2,50 Euro Vergütung pro Paket. Wie viel DPD tatsächlich zahlt, steht nicht im Zeitungsbericht. Die Vergütung wird je nach Tour individuell ausgehandelt und soll in 2022 trotz gestiegener Betriebskosten (Kraftstoff etc.) kaum erhöht worden sein.

"Sie bezahlen ihren Fahrern zu viel", soll DPD dem Subunternehmer gesagt haben, als dieser sich über die Zustände beschwerte. Eigenen Angaben zufolge stand er bereits mehrfach kurz vor der Insolvenz.



Paketdienst-Verband BIEK befürwortet Subunternehmer-Modell

Der Bundesverband Paket- und Expresslogistik (BIEK) hat ein neues Erklärvideo veröffentlicht mit Argumenten, warum "Vertragspartnerschaften" in der Paketbranche vorteilhaft sind. Der Begriff bezeichnet die Auslagerung der Paketzustellung an Subunternehmer.

Laut BIEK profitieren die Subunternehmer von der "Marke des Auftraggebers", können sich dadurch eine Existenz aufbauen und "an einem Wachstumsmarkt teilhaben".

Für Paketdienste ist das Modell vorteilhaft, weil es die Effizienz steigert, Netzerweiterungen ermöglicht und die "regionale Kompetenz" der Subunternehmer genutzt werden könne, z.B. um Arbeitskräfte zu finden. Der BIEK befürwortet außerdem eine "Mindestlohnanpassung mit Augenmaß".

Der Verband vertritt die Interessen der Konkurrenzunternehmen von DHL, also u.a. Hermes, DPD, GLS und UPS.



Politikerin spricht sich gegen Sub-Subunternehmerketten aus

Die Bundestagsabgeordnete Tanja Machalet (SPD) hat bei einer Schicht im DHL-Paketzentrum Neuwied mitgearbeitet, um die Arbeitsbedingungen kennenzulernen. Gegenüber nr-kurier.de sagte Machalet:

"Sozialversicherungspflichtige, tariflich abgesicherte Beschäftigungsbedingungen in der Paketbranche wie hier in Neuwied sind die Ausnahme. Für Ausbeutungsverhältnisse, wie wir sie in der Fleischindustrie gesehen haben, darf es keinen Platz bei uns in weiteren Branchen geben. Mir bereiten die Sub-Subunternehmerketten der Paketdienste, wie sie auch die Stiftung Warentest als Branchenproblem festgestellt hat, Sorgen."

Die Bundestagsabgeordnete will im Zuge der bevorstehenden Reform des Postgesetzes "soziale Regeln für die Branche durchsetzen". Gut möglich, dass auch der BIEK Wind von der bevorstehenden Regulierung bekommen hat und deshalb das oben erwähnte Lobbyvideo publizierte.


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