Postvorstand Meyer: Keine Wettbewerbsförderung mit der Brechstange


Der künftige Postchef Tobias Meyer hat sich auf der Bilanzpressekonferenz zur geplanten Reform des Postgesetzes geäußert. Nach 25 Jahren werde die Reform auch mal Zeit, um das Gesetz den aktuellen Gegebenheiten anzupassen, wie z.B. stetig sinkende Briefmengen.

Meyer begrüßt die Diskussion über flexible Brieflaufzeiten und dass die Verbundzustellung als "gute Sache" angesehen werde, weil sie kostendämpfend wirke.

Andererseits gebe es viele zentrale Fragen, die noch gar nicht adressiert seien und im Eckepunktepapier des Wirtschaftsministeriums fehlen. "Wie soll der Universaldienst Brief in Zukunft finanziert werden?", fragt Meyer und verweist auf andere europäische Länder mit den gleichen Herausforderungen.

Für ihn seien jene Länder Negativbeispiele, in denen versucht wurde, die Wettbewerbsförderung mit der Brechstange durchzuziehen. Wettbewerber (private Briefdienste) würden sich auf Städte fokussieren, wodurch eine Benachteiligung des ländlichen Raums entstehe. Wettbewerber würden sich mit "Cherrypicking über niedriges Porto" nur in den Städten bewegen.

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (vertritt u.a. Hermes, DPD, GLS, UPS) wehrt sich gegen die Behauptung, dass Wettbewerber auf dem Paketmarkt Rosinen-Pickerei betreiben. BIEK-Vorsitzender Marten Bosselmann: "Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Paketdienstleistungen wird durch Vielfalt sichergestellt. Fällt ein Paketnetz aus, kann es durch einen Wettbewerber ersetzt werden. Das macht das System als Ganzes resilient gegenüber Störungen." (Quelle)

Allerdings hatte Tobias Meyer seine Aussagen nur auf den Briefmarkt bezogen und nicht auf den Paketmarkt.

Laut Meyer hätten sich die Löhne bei privaten Postdienstleistern in den letzten 15 Jahren nicht ausgeprägt entwickelt, abgesehen von Mindestlohn-Erhöhungen. Im Gegenteil: Wettbewerbsförderung führe zu prekärer Beschäftigung und niedrigen Löhnen. Meyer verweist auf Berichte über Subunternehmer, deren Mitarbeiter in Lieferwagen übernachten müssen.

"In den Niederlanden ist es so geendet, dass die PostNL mit Ministererlaubnis den letzten Wettbewerber übernehmen musste, um den Universaldienst überhaupt aufrecht zu erhalten", so Meyer. In Dänemark liegt das Briefporto nach Meyers Erinnerung zurzeit bei 3,90 Euro, in Frankreich hänge die Post "am Tropf des Staates", und die polnische Post sei verlustbringend.

Ein Positivbeispiel sei Österreich. Dort habe die Regierung die "Wettbewerbsförderung sein gelassen und sich lieber darum gekümmert, dass es auch in ländlichen Gebieten guten Universaldienst gibt." Daraus könne man etwas fürs deutsche Postgesetz lernen, so Meyer.


  Zuletzt aktualisiert am   |   Autor:
Anzeige

✉ Paketda-News kostenlos abonnieren bei Telegram oder Instagram.