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Gesetzlich abgesegnet: Warum die Post für Briefe nicht haften muss

Wieso keine Haftung für verlorene, verspätete Briefe?
Zurzeit ärgern sich viele Kunden über die Deutsche Post, denn bei Verspätung oder Verlust eines Briefs gibt es keinen Schadenersatz und keine Portoerstattung. "Würden andere Unternehmen so wirtschaften, wären sie längst Pleite", kritisiert mancher Kunde den Monopolisten. Ein Redakteur von Zeit.de fordert sogar eine Portosenkung.

Eine Portosenkung ist genauso unrealistisch wie Schadenersatz für Briefe. Letzterer wird nämlich dank § 449 des Handelsgesetzbuches ausgeschlossen. Dort befindet sich eine Sonderregel für Briefe und briefähnliche Sendungen (Infopost, Dialogpost, Zeitschriften, Päckchen). Diese Regel wird auch als Haftungsprivilegierung bezeichnet, weil für alle Sendungsarten Haftung besteht - außer für Briefe.

Ausschnitt aus §449 HGB




Ist das nicht unfair?

Man muss ins Jahr 1997 zurückgehen, um herauszufinden, warum der Gesetzgeber uns Kunden keinen Schadenersatz für verlorene oder verspätete Briefe zugesteht. Ende der 90er Jahre wurde das Transportrecht reformiert. In der Gesetzesvorlage wird die Sonderregel für Briefe wie folgt begründet:

"Die Mehrzahl der zu befördernden Briefsendungen und ein Teil der briefähnlichen Sendungen (etwa Päckchen) wird ohne direkten Kundenkontakt über Briefkästen eingeliefert. Der Absender ist oft nicht bekannt. Güterwert und Haftungsrisiko sind bei diesen Produkten vom Beförderer kaum abschätzbar. Hier muß es dem Beförderer möglich bleiben, die Haftung - und nicht bloß die Haftungshöhe - durch allgemeine Geschäftsbedingungen zu modifizieren." Quelle: PDF, S. 86

Die damalige Bundesregierung sprach sich zwar für einen wirksamen Verbraucherschutz aus, wollte gleichzeitig aber "den Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs" gerecht werden.

Einfach gesagt: Weil täglich Millionen Briefe verschickt werden, ist es der Deutschen Post nicht zumutbar, den Weg jeder einzelnen Sendung nachzuvollziehen. Ob eine Sendung verloren geht oder verspätet ankommt, können Absender und Empfänger zwar feststellen, aber die Deutsche Post kann es nicht.

Zumindest war das 1997 so. Mit den neuen Matrixcode-Briefmarken wird immerhin die Bearbeitung im Briefzentrum sichtbar. Aber davor oder danach auftretende Verzögerungen sind nicht beweiskräftig feststellbar. Sogenannte Schnittstellenkontrollen fehlen beim Brieftransport und sind auch nicht vorgeschrieben.

In einer Drucksache (PDF, S. 50) des Deutschen Bundestags vom 04.03.1998 heißt es, dass "die Haftungsregeln im Bereich der Briefbeförderung wegen der Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs in vollem Umfange abdingbar auszugestalten" sind.

Abdingbar bedeutet, dass die Haftung zwischen Kunde und Postunternehmen ausgeschlossen werden darf. Und genau das macht die Deutsche Post. Sie haftet laut AGB "nur, wenn (...) Zusatzleistungen vereinbart wurden". Damit sind alle Einschreiben gemeint, die gegen Verlust versichert sind.


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Was bringt die Zukunft?

Die Bundesnetzagentur befürwortet schärfere Sanktionsmöglichkeiten gegen Post- und Paketdienste. Bislang kann die Aufsichtsbehörde nur Ermahnungen aussprechen und ist ein Papiertiger.

Bußgelder kann die Behörde nicht verhängen, solange im Jahresdurchschnitt deutschlandweit 80% aller Briefe am nächsten Tag bei den Empfängern ankommen. Die Post kratzt vermutlich an diesem Grenzwert, hält ihn aber ein (Paketda berichtete).

Weil die Bundesregierung zurzeit wohl dringlichere Dinge erledigen muss, als das Postgesetz zu überarbeiten, wird sich an den Zuständen nichts ändern. Das Porto ist bis Ende 2024 festgeschrieben. Es gibt keinen Schadenersatz für verlorene und verspätete Briefe. Und die Deutsche Post hat keine Bußgelder zu befürchten.

Postkunden sollten sich trotzdem nicht entmutigen lassen und bei anhaltenden Zustellproblemen eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur einreichen. Je mehr Beschwerden dort gezählt werden, desto stärker steigt der Rechtfertigungsdruck auf die entsprechenden Paket- und Postdienste.


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