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DHL sagt Servus Österreich: Österreichische Post übernimmt Mitarbeiter und Immobilien von DHL

DHL Paketzentrum in Wien
Ende Februar kamen erste Gerüchte auf, dass DHL sich aus dem Privatkundengeschäft in Österreich zurückzieht. Die Paketda-Redaktion hielt das für unwahrscheinlich, weil DHL in Österreich in kurzer Zeit einen Marktanteil von 25 Prozent errungen hat. Doch trotz eines erwirtschafteten Gewinns von 1,5 Mio. Euro in 2018 lohnte sich das Geschäft in Österreich für DHL wohl nicht.

► Update vom 26. Juni 2019. Die Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich hat die Übernahme von DHL Paket Austria unter Auflagen genehmigt. Die Österreichische Post wird das österreichische Geschäftsfeld mit DHL-Standardpaketen zum 1. August 2019 übernehmen. Das Expressgeschäft von DHL bleibt unberührt. Alle Details in diesem Bericht.

So wurde die Übernahme angekündigt

DHL veröffentlichte im März 2019 eine watteweich formulierte Pressemeldung in der es wörtlich hieß:
Deutsche Post DHL Group, der weltweit führende Anbieter im Brief- und Logistikgeschäft, hat eine langfristige Partnerschaft mit der Österreichischen Post vereinbart. Demnach wird die Österreichische Post Pakete, die von DHL-Kunden nach Österreich geschickt werden, dort zustellen. Die Vereinbarung unterliegt noch der Prüfung der deutschen und österreichischen Wettbewerbsbehörden.

Merkwürdig ist der eingeschobene Satz "die von DHL-Kunden nach Österreich geschickt werden". DHL übergibt also alle Pakete aus dem Ausland an die Österreichische Post.

Und was passiert mit innerhalb Österreichs verschickten DHL-Paketen? Für DHL wäre es wirtschaftlich unsinnig, ein großes Transportnetz und hunderte DHL-Paketshops zu betreiben, wenn darüber nur inländische Pakete abgewickelt werden.

Viel klarer formuliert es die Österreichische Post in ihrer eigenen Pressemitteilung:

»Weiters ist vorgesehen, Mitarbeiter und einen Großteil der betroffenen Logistik-Standorte zu übernehmen.«

DHL Österreich verkauft also seine Paketzentren großteils an die Österreichische Post und wird keine Mitarbeiter mehr beschäftigen. Das bedeutet die Einstellung des Privatkundengeschäfts.

Die Sparte DHL Express ist übrigens nicht betroffen. Sie bleibt in Österreich weiterhin mit eigener Infrastruktur vertreten, aber deren Fokus liegt auf Geschäftskunden.

Georg Pölzl, Chef der Österreichischen Post, freut sich über die Entscheidung von DHL: "Unsere österreichweit flächendeckende Zustellung steht für Qualität und Zuverlässigkeit. Abholstationen, SB-Zonen, Empfangsboxen und die Features unserer App sind einzigartig und werden von unseren Kunden sehr gut angenommen."

Frank Appel, Chef der Deutschen Post, lässt sich mit diesen Worten zitieren: "Der Ausbau unseres Paketgeschäfts in Europa verläuft erfolgreich. Dies hat zu einer sehr attraktiven Vereinbarung geführt, die es uns und der Österreichischen Post ermöglicht, unser Wachstum in Österreich und darüber hinaus zu stärken und zu beschleunigen."

Ob das europäische Paketgeschäft tatsächlich erfolgreich verläuft, kann man als Außenstehender in Frage stellen. Warum gibt DHL sonst seine Aktivitäten im Privatkundengeschäft in Österreich und in der Schweiz auf?



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Was vorher geschah

DHL-Vorstandsmitglied Ken Allen, zuständig für die Geschäftsfelder eCommerce und Parcel Europe, prüfte gerüchteweise schon längere Zeit einen Rückzug von DHL Paket aus Österreich.

Entsprechendes vermeldete das Manager-Magazin, dessen Reporter Michael Machatschke am 21.02.2019 unter www.manager-magazin.de (Bezahlinhalt) einen Artikel über Ken Allen veröffentlichte.

In 1,5 Sätzen des Artikels heißt es wörtlich: "... in Österreich hat der Seitenwechsler die Paketexpansion angehalten. Wahrscheinlich folgt bald der Rückzug." Mit Seitenwechsler ist Ken Allen gemeint, weil er im Postkonzern von der Sparte DHL Express zur Sparte eCommerce gewechselt ist.

Die 1,5 Sätze des Manager-Magazins verarbeitete die "Kleine Zeitung" aus Österreich zu einem eigenen Artikel.

Daraufhin griffen weitere österreichische Medien das Gerücht auf und versuchten, von der Deutschen Post eine Stellungnahme zu erhalten (siehe www.wienerzeitung.at). Bis zum gestrigen Mittwoch, 27.02.2019, konnte oder wollte die Deutsche Post kein Statement abgeben.

Ein Rückzug von DHL aus Österreich wäre überraschend, weil noch im Sommer 2018 mit dem Bau eines Luftfracht-Drehkreuzes in Wien begonnen wurde.

Im Oktober 2018 folgte der Baubeginn eines neuen DHL-Paketzentrums in Enns. Der Standort soll im Sommer 2019 in Betrieb gehen. "Dieser Schritt festigt den Ausbau unserer starken Marktstellung in Österreich.", sagte DHL Paket Austria Geschäftsführer Günter Birnstingl beim ersten Spatenstich. DHL verfügt in Österreich über einen Marktanteil von mindestens 25 Prozent.

Die Paketda-Redaktion schätzte die Lage im Februar wie folgt ein:
Angesichts der aufgebauten Infrastruktur und guten Marktposition erscheint es unwahrscheinlich, dass DHL den österreichischen Markt plötzlich aufgibt. Vielleicht plant DHL-Vorstand Ken Allen, Parallelstrukturen von DHL Express und DHL Paket in Österreich abzubauen, um durch stärkere Zusammenarbeit effizienter zu werden. Das ist aber rein spekulativ.

Gegenüber Paketda schloss ein Branchenkenner einen Rückzug von DHL aus Österreich definitiv aus. Am 12.03.2019 hat sich diese Einschätzung als falsch erwiesen. DHL stellt das Privatkundengeschäft in Österreich tatsächlich ein.


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