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Deutsche Post hat Telegramm eingestellt

Deutsche Post Telegramm
Am frühen Abend des 30.12.2022 hat die Deutsche Post die Buchungswebsite für Telegramme abgeschaltet: shop.deutschepost.de/telegramm funktioniert nicht mehr. Bereits beauftragte Telegramme werden am 31.12.2022 zugestellt. Danach ist für immer Schluss.

Eigentlich wollte die Deutsche Post das Telegramm still und heimlich auslaufen lassen. Es war keine Pressemitteilung geplant. Nur einem Kommentar von Postmitarbeiter Horsti im Paketda-Youtubekanal ist es zu verdanken, dass die Öffentlichkeit am 24.12.2022 vom bevorstehenden Telegramm-Ende erfuhr.

Auf Anfrage von Pakeda bestätigte Alexander Edenhofer von der Deutschen Post an Heiligabend: "Wir stellen das Produkt Telegramm zum Ende des Jahres ein."

Damit endet ein 150 Jahre alter Service. Telegramme waren ungefähr ab den 1870er Jahren stark verbreitet und auch international möglich.





Vermutlich 12.000 Telegramme in 5 Tagen verkauft

Eine Auswertung von Paketda zeigt, dass in den letzten Tagen vermutlich 12.000 Telegramme verkauft wurden. Das ergibt sich aus der Differenz der fast fortlaufend vergebenen Sendungsnummern:

Sendungsnummer vom 25.12.2022: TG10107890xDE
Sendungsnummer vom 30.12.2022: TG10131890xDE
Differenz beider Sendungsnummern: 24.000
Halbiert = 12.000 Telegramme in 5 Tagen

Die letzte Stelle x bleibt unberücksichtigt, weil es eine Prüfziffer ist. Außerdem muss 24.000 halbiert werden, weil die vorletzte Stelle bei jeder neuen Telegrammbuchung nicht um 1 erhöht wird, sondern um 2.

Nostalgie-Fans haben der Deutschen Post in den letzten Tagen ein dickes Umsatzplus beschert. 12.000 Telegramme multipliziert mit 12,90 Euro bedeuten mindestens 154.000 Euro Telegramm-Einnahmen.

Auf diesen Kundenansturm war die Post offenbar nicht vorbereitet. Bei der Auslieferung der letzten Telegramme am 31.12.2022 kam es nach Paketda-Beobachtungen zu erheblichen Problemen. Viele Telegramme wurden weder im Briefzentrum noch bei Zustellung gescannt; es gab also überhaupt keine Trackinginformationen. Außerdem wurden alte Schmuckblätter verwendet. Beispiel: Anstelle eines "Sektglas"-Schmuckblatts zum Jahreswechsel erhielt ein Kunde ein Blumenstrauß-Schmuckblatt im 80er-Jahre-Stil, das eigentlich seit Jahren gar nicht mehr bestellbar ist (Abbildung am Ende dieser Seite).

Ein Paketda-Leser reklamierte zwei verspätet zugestellte Telegramm beim Kundenservice der Deutschen Post. Die Post wies die Reklamation zunächst mit der Begründung ab, dass für Telegramme keine bestimmte Laufzeit zugesichert werde. Der Kunde eröffnete daraufhin einen Käuferschutz-Fall bei Paypal und erhielt zwei Tage später den Kaufpreis für beide Telegramme erstattet.



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Offizielle Verkaufszahlen der Deutschen Post

Am 30.12. und 31.12.2022 wurden laut Deutscher Post jeweils mehr als 3.000 Telegramme beauftragt; also 6.000 in zwei Tagen. Diese Zahlen bestätigen die Hochrechnung von Paketda. Außerdem verriet die Deutsche Post, dass vorher lediglich 200 bis 300 Telegramme pro Monat versendet wurden. Quelle: dpdhl.com





Wie viele Telegramme wurden früher verschickt?

Wer in letzter Zeit noch ein Telegramm verschickt hat, hat es sicher nicht aus Vernunft getan. Der Grundpreis von 12,90 Euro war gepfeffert. Darin enthalten waren lediglich 160 Zeichen (SMS lässt grüßen). Telegramme bis 480 Zeichen kosteten 18,35 Euro. Darüber hinaus zahlte man 5,25 Euro für je 200 weitere Zeichen. Ein Preismodell aus der Steinzeit.

2012 erhielt Welt.de von der Deutschen Post die Auskunft, dass die Anzahl der verschickten Telegramme nicht mehr gezählt wird, "weil sie tatsächlich nur noch ganz vereinzelt aufgegeben werden".

Im Jahr 2000 rechnete die Post bundesweit mit ca. 70.000 Telegrammen. 1990 waren es noch 1,675 Millionen Telegramme (Quelle) und 1978 13 Millionen (Quelle). Damals wurden Telegramme sogar taggleich durch spezielle Boten zugestellt. Die Nachfrage nach dieser Expresszustellung endete mit der Verbreitung von Handys und SMS.





Alternative zum Telegramm

Wie ein zeitgemäßer Telegrammservice aussehen kann, zeigt das Berliner Unternehmen Pacster (www.pacster.com) in Kooperation mit dem Expressdienst GO!. Die Preise sind dort ebenfalls teuer, aber es gibt modern gestaltete Grußkarten, auf Wunsch Präsente dazu, eine Zustellung auf 15 Minuten genau sowie Sonn- und Feiertagszustellung. Letzteres bot die Deutsche Post bis 2019 ebenfalls an.

Dass die Deutsche Post keine Telegramme mehr anbietet, ist aus Kundensicht verschmerzbar. Und auch die Postmitarbeiter werden sich freuen, weil sie ein Produkt weniger handhaben müssen.

Das Leistungsversprechen "Buchung bis 3 Uhr nachts, Zustellung am gleichen Tag" wurde in Paketda-Praxistests nämlich mehrfach nicht eingehalten. Auch die Sendungsverfolgung für Telegramme funktioniert nicht immer oder ist unvollständig. Beispiel: TG101078962DE.

Ein Blick ins Telegramm-Buchungssystem zeigt: Als letzter Zustelltag war der 31.12.2022 auswählbar. Alle Termine in 2023 sind deaktiviert.

Deutsche Post Telegramm





Telegramm im Praxistest

So berichtete Paketda im Oktober 2014

Im Praxistest von Paketda klappte die Zustellung am 3. Oktober 2014 (Feiertag) erstaunlich gut. Die Deutsche Post legte das Telegramm sogar auf eigene Kosten in ein Schmuckblatt ein, obwohl diese Leistung nicht bestellt war.

Die Lieferung des Telegramms erfolgte nach Freudenberg (ca. 19.000 Einwohner) in NRW. Das Telegramm ließ sich über die reguläre DHL-Onlineauskunft verfolgen. Laut Sendungsverfolgung startete der Zusteller vom DHL-Express-Depot in Dillenburg, das ist ca. 35 Fahrminuten von Freudenberg entfernt. Wäre es kein Feiertag gewesen, wäre das Telegramm mit der Deutschen Post zugestellt worden.

Wie auf dem folgenden Foto zu erkennen, handelt es sich bei dem ins Schmuckblatt eingelegte Telegrammblatt mutmaßlich um einen Faxausdruck. Darauf deutet die Kopfzeile auf dem A4-Zettel hin mit Zeit- und Datumsstempel (2.10.2014 22:17). Der Telegrammauftrag wurde von der Telegramm-Servicezentrale also vermutlich an DHL Express in Dillenburg per Fax übermittelt.

Und hier das sogenannte Schmuckblatt:


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