Deutsche Post dementiert Rückzug aus unrentablen Regionen


Eine Meldung von solcher Brisanz gibt es auch nicht alle Tage: Angeblich denkt die Deutsche Post über "Schritte zum Ausstieg aus dem Universaldienst" nach. Das berichtet welt.de unter Berufung auf eine Betriebsrat-Zeitschrift der Deutschen Post Niederlassung Berlin 2.

Nachtrag vom 24.01.2023: Die Deutsche Post hat den Rückzug aus der Briefzustellung in ihrer internen Mitarbeiter-App dementiert (siehe Kommentar von Leser Chris am Ende dieser Seite). Bestätigt wurde von der Post, dass "zukunftsfähige Rahmenbedingungen (...) im Kontext der Novellierung des Postgesetzes diskutiert" werden.

Das untermauert den Verdacht, dass der Rückzug aus dem Universaldienst nur angedroht wurde, um Politik und Gewerkschaften Angst zu machen.

Universaldienst bedeutet, dass sich die Deutsche Post AG dazu verpflichtet hat, ganz Deutschland mit Briefen und Paketen bis 20kg zu versorgen. Im Gegenzug sind Briefe und Pakete bis 20kg bei Deutsche Post DHL von der Umsatzsteuer befreit (vgl. haufe.de). Wettbewerber wie Hermes, DPD, usw. sind keine Universaldienstleister und müssen deshalb Umsatzsteuer an den Staat abführen.

Die Deutsche Post hat sich freiwillig zum Universaldienst verpflichtet. Deshalb kann sie diese Entscheidung theoretisch wieder zurücknehmen. Dann werden aber 19% Umsatzsteuer auf Briefmarken und DHL-Sendungen fällig. Beispiel: Ein 5kg-DHL-Paket würde sich von 6,99 Euro auf 8,32 Euro verteuern. DHL verliert bei solchen Preisen sicherlich viele Kunden an die Konkurrenz.

Außerdem berichtet welt.de von Rosinenpickerei. Die Post will die Verpflichtung zum Universaldienst nur in einigen ländlichen Regionen zurückgeben, wo der Betrieb unwirtschaftlich ist. Infolgedessen könnte die Deutsche Post AG von der Bundesnetzagentur zwangsweise zur Belieferung unwirtschaftlicher Regionen verpflichtet werden. Im Gegenzug könnte die Post eine Ausgleichszahlung verlangen (Quelle: Studie des WIK-Instituts aus 2008, PDF)

Die Ausgleichszahlung erhält die Post aber nur, wenn die Bundesnetzagentur kein anderes Unternehmen findet, das den Universaldienst für eine geringere Ausgleichszahlung erbringt. Theoretisch könnte es in ländlichen Regionen zu einem Flickenteppich vieler verschiedener Postunternehmen kommen.

In der Praxis halten die Experten des WIK-Instituts einen teilweisen Rückzug der Deutschen Post aus der deutschlandweiten Belieferung für unwahrscheinlich. Sie schreiben:

"Die Aufgabe einer Region ist für die DPAG technisch und organisatorisch machbar und würde zu entsprechenden, spürbaren Kosteneinsparungen führen. Allerdings wäre die DPAG in diesem Moment kein flächendeckender Anbieter von Postdienstleistungen mehr. Sie würde damit das Alleinstellungsmerkmal verlieren, als einziger Briefdienstleister in jedem Winkel des Landes Briefe einzusammeln und zuzustellen.

Dies hätte erhebliche Folgen für ihre Unternehmensreputation und macht sie angreifbarer für potentielle Wettbewerber. Auch im Paketgeschäft würde sich die Deutsche Post dem Risiko eines spürbaren Nachfragerückgangs aussetzen, da bereits heute ihre Wettbewerber flächendeckend Pakete zustellen. Vor diesem Hintergrund halten wir es mittelfristig nicht für wahrscheinlich, dass die Deutsche Post sich in einer Region komplett aus der Erbringung der Postdienstleistungen zurückzieht."

Unklar sind außerdem die Auswirkungen auf den internationalen Postverkehr. Denn die Verpflichtung zum Universaldienst umfasst nicht nur inländische Postsendungen, sondern auch ins Ausland. Mit der hohen Komplexität von Auslandssendungen (insbesondere außerhalb der EU) sind private Brief- und Paketdienste i.d.R. überfordert bzw. sie benötigen einen Kooperationspartner mit entsprechender Erfahrung und Zugang zu den internationalen Transportnetzen.


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Fazit von Paketda

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Hinter den Kulissen skizziert die Deutsche Post bei Politik und Gewerkschaften offenbar Schreckensszenarien, damit man ihr nicht zu hohe, finanzielle Lasten aufbürdet. Für Verbraucher bedeutet das in letzter Konsequenz sicherlich weiter steigendes Porto, aber keinen Rückzug der Deutschen Post aus einzelnen Regionen. Denkbar ist, dass gesetzliche Vorgaben hinsichtlich Lieferzeiten und Anzahl von Filialstandorten abgesenkt werden. Außerdem könnten Filialen durch Automaten ersetzt werden.


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