Gemeinhin gilt Amazon als kundenfreundlich, weil Lieferprobleme schnell und unkompliziert gelöst werden. Doch bei den Verbraucherzentralen mehren sich in letzter Zeit Beschwerden von Kunden, die nach der Lieferung eines falschen Produkts vom Amazon-Kundenservice im Regen stehengelassen werden. Die Fallanzahl soll laut Verbraucherzentrale "weit im vierstelligen Bereich" liegen.
Anfangs war unklar, wie es überhaupt passieren kann, dass Kunden Amazon-Pakete mit falschem Inhalt bekommen. Bevor ein Paket ein Amazon-Logistikzentrum verlässt, wird es gewogen und das Paketgewicht automatisch mit dem Produktgewicht verglichen. Ist die Abweichung zu hoch, wird das Paket ausgeschleust und nicht versandt.
Laut Verbraucherzentrale erhalten Kunden die Pakete augenscheinlich unbeschädigt. Sie bemerken den falschen Inhalt erst beim Auspacken.
Dass Pakete unterwegs aufgeschnitten und der Inhalt ausgetauscht wird, lässt sich nicht erkennen. Im ZDF-Magazin WISO vom 3.7.2023 erklärte ein Amazon-Kunde, er habe anstatt eines Mini-PCs eine Dokumentenmappe erhalten. Amazon stellte die Kommunikation mit dem Kunden ein und weigerte sich, das richtige Produkt zu liefern oder den Kaufpreis zu erstatten.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Tübingen sagte dem ZDF, dass sich sechs Amazon-Zusteller in Untersuchungshaft befinden, weil sie Waren aus Paketen gestohlen haben sollen. Ihnen wird gewerbsmäßiger Diebstahl vorgeworfen. In einer Pressemitteilung der Polizei vom Februar 2023 heißt es:
"Die überwiegend als Paketzusteller, vereinzelt aber auch in anderen Bereichen der Firma tätigen Personen sollen in weit über 500 Fällen hochwertige Versandartikel aus Paketen gestohlen, gegen minderwertige Waren mit ähnlicher Beschaffenheit und Gewicht ausgetauscht und die anschließend wieder verschlossenen Pakete an die Empfänger in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und im Zollernalbkreis ausgeliefert haben.
Dabei sollen es die Verdächtigen insbesondere auf iPhones, sonstige Elektronikartikel oder auch hochwertige Kleidung abgesehen haben. Der Wert des bisher bekannten Diebesguts wird auf insgesamt knapp 120.000 Euro geschätzt. Mit dem Weiterverkauf ihrer Beute sollen sich die Verdächtigen eine dauerhafte Einnahmequelle verschafft haben."
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kritisiert, dass sich Amazon erst auf massiven Druck hin rührt. Ein Sprecher empfiehlt jedem Amazon-Besteller "in der jetzigen Lage, das Öffnen des Paketes zu filmen, damit man entsprechende Beweise hat".
Amazon äußerte sich nicht konkret, sondern teilte lapidar mit, man wolle "die Kundenerfahrung in diesen Fällen verbessern".