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Darum wurde der Antrag der Deutschen Post auf Portoerhöhung abgelehnt


Anfang August lehnte die Bundesnetzagentur die von der Deutschen Post beantragte, vorzeitige Portoerhöhung für 2024 ab (Paketda berichtete). Post-Lobbychef Volker Ratzmann hält die Entscheidung der Bundesnetzagentur für "nicht nachvollziehbar und falsch, da die Rahmenbedingungen sich massiv geändert haben. Durch Inflation, höhere Energiepreise und den Tarifabschluss sind unsere Kosten drastisch gestiegen."

Ratzmann hat den 36-seitigen Ablehnungsbescheid der Bundesnetzagentur wohl noch nicht gelesen (PDF). Darin sind die Ablehnungsgründe nämlich nachvollziehbar aufgeführt. Paketda fasst sie zusammen.





Rückgang der Sendungsmengen unbegründet

Die Deutsche Post argumentiert mit einem überdurchschnittlichen starken Rückgang der Sendungsmengen im ersten Halbjahr 2023. Die Bundesnetzagentur hält dies für "keinen geeigneten Sachvortrag", weil mit diesen Zahlen aufgrund saisonaler Effekte keine Prognose für das Gesamtjahr möglich ist.

"Erfahrungsgemäß ist beim Nachfrageverhalten im 1. und 4. Quartal ein hoher Wert zu erwarten, wohingegen im 2. und 3. Quartal die Nachfrage deutlich schwächer ausfällt.", so die Behörde. Außerdem könnten Streiks bei der Deutschen Post für einen Einmaleffekt beim Rückgang der Sendungsmengen gesorgt haben.

Die Bundesnetzagentur hat sogar einen "deutlich geringeren Rückgang der Briefmengen" festgestellt, als beim letzten Portogenehmigungs-Verfahren prognostiziert wurde.



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Inflationsrate: Frist verpasst

Die Bundesnetzagentur bejaht eine überdurchschnittlich hohe Inflationsrate. Allerdings hätte die Deutsche Post binnen 3 Monaten nach erstmaliger Kenntnis von der hohen Inflation ein Wiederaufgreifen des Portoverfahrens beantragen müssen. Diesen Zeitpunkt hat die Post oder deren Anwaltskanzlei verpasst, so dass ihr Antrag "(schuldhaft) verspätet" eingereicht wurde. Die Bundesnetzagentur schreibt:

"Spätestens mit der Veröffentlichung des Herbstgutachtens (Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsinstitute) im September 2022 und der darin für das Jahr 2022 prognostizierten Inflationsrate von 8,4 Prozent bzw. 8,8 Prozent für das Jahr 2023 konnte die Antragstellerin [Deutsche Post AG] davon ausgehen, dass auch für das letzte Referenzjahr eine signifikante Abweichung zur Beschlussprognose eintreten werde.

Der Ansicht der Antragstellerin, wonach erst mit Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute vom 05.04.2023 eine Abweichung der Prognosewerte feststellbar gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Das Frühjahrsgutachten vom 05.04.2023 beinhaltet keine Prognosewerte für die Jahre 2021 und 2022, weil diese bereits verstrichen waren."

In einem Nebensatz merken die Beamten noch an, dass in allen früheren Porto-Genehmigungsverfahren eine über der Realität liegende Inflationsrate angenommen wurde. Diese für die Post finanziell günstige Situation habe damals nicht zum Widerruf der Portogenehmigungen geführt. Salopp geschlussfolgert: Die Deutsche Post soll sich nicht so anstellen, wenn die Situation jetzt mal zu ihren Ungunsten ausfällt.





Angeblich gestiegene Stückkosten

Die Deutsche Post argumentiert, dass bei sinkenden Sendungsmengen die Kosten pro Sendung steigen, weil die Betriebskosten für das Logistiknetz weitestgehend unverändert bleiben. Die hohen Betriebskosten müssen auf weniger Sendungen umgelegt werden, so dass höhere Stückkosten entstehen.

Dieser Auffassung widerspricht die Bundesnetzagentur und entgegnet, dass es sich "um ein 'atmendes', d.h. hochdynamisches, nachfrageorientiertes logistisches Transportnetz" handelt, dessen Kosten bei sinkenden Sendungsmengen nach unten angepasst werden können. Die Deutsche Post könnte beispielsweise Zustellbezirke vergrößern, die Verbundzustellung oder A/B-Zustellung ausweiten.

Eine solche Anpassung ihres Personalkonzepts hat die Deutsche Post nicht dargelegt. Dies wäre laut Bundesnetzagentur jedoch Voraussetzung für die Durchführung eines neuen Portoverfahrens.

Laut Bundesnetzagentur fehlt es "an jeglichem substantiierten Vortrag, dass Kosteneffekte überhaupt vorhanden und dass diese Kosteneffekte mengeninduziert sind, also dass der Sendungsmengenrückgang die Kostensteigerungen kausal verursacht hat." Im Gegenteil würden die von der Post vorgelegten Zahlen sogar belegen, dass die "durchschnittlichen Stückkosten im PriceCap-Bereich über den gesamten Price-Cap-Zeitraum gegenüber den Ansätzen im Maßgrößenverfahren niedriger ausfallen."

Im Klartext: Bei der letzten Portogenehmigung (im Jahr 2021 für die Periode 2022-2024) wurden höhere Stückkosten angenommen, als jetzt tatsächlich eingetreten sind.





Teurer Tarifabschluss

Die Deutsche Post AG und Verdi haben im März 2023 Lohnerhöhungen von durchschnittlich 11,5 Prozent vereinbart. Dass der teure Tarifabschluss "eins-zu-eins" auf die Personalkosten durchschlägt, glaubt die Bundesnetzagentur nicht. Sie plädiert dafür, abzuwarten, weil es auch kostensenkende Aspekte im Personalbereich gibt. Zitat:

"Insbesondere der Rückgang der Beschäftigenzahlen bei Beamten und Tarifbeschäftigten mit Besitzstand, der sich in den folgenden Jahren beschleunigen dürfte, hat einen deutlich dämpfenden Effekt auf die Entwicklung der Personalkosten ('teure' Beamte gehen in Pension und werden perspektivisch durch deutlich niedriger vergütete 'Neueinsteiger' ersetzt)."

Im Jahr 2022 seien bei der Deutschen Post weniger Beamte beschäftigt gewesen, als ursprünglich prognostiziert.





Unternehmerisches Risiko

Fehlprognosen, beispielsweise hinsichtlich Inflationsrate, Personalkosten und Sendungsmengen, gehören laut Bundesnetzagentur zum unternehmerischen Risiko. Dieses Risiko müsse die Deutsche Post selber tragen, denn es werde ihr über den kalkulatorischen Gewinn (6,56%) abgegolten. Zitat aus dem Bescheid der Behörde:

"Die von der Antragstellerin vorgetragene Fehlprognose und die damit aus ihrer Sicht verbundenen EBIT-Rückgänge als Konsequenz einer geringeren Netzauslastung stellt ein allgemeines unternehmerisches Risiko dar, welches über den kalkulatorischen Gewinn in die Kostenkalkulation eingepreist wird. Insofern erfolgt über den kalkulatorischen Gewinn eine Kompensation sämtlicher mit dem unternehmerischen Handeln verbundenen geschäftlichen Risiken."

Außerdem bewertet die Bundesnetzagentur den Vertrauensschutzaspekt sehr hoch. Kunden sollen sich darauf verlassen können, dass das Porto wie angekündigt von 2022 bis Ende 2024 stabil bleibt. Wörtlich: "Die mit der Laufzeit verbundene Planungssicherheit für Drittbeteiligte wiegt damit schwerer als die von der Antragstellerin behaupteten mengeninduzierten Stückkostensteigerungen."

Die Behörde erkennt an, dass eine dreijährige Porto-Periode womöglich zu lang bemessen ist. Beim nächsten Genehmigungsverfahren (startet 2024 für 2025) wird über einen kürzeren Zeitraum nachgedacht.





Wann kommt die nächste Portoerhöhung?

Die Bundesnetzagentur spricht von "weiteren Anträgen", die die Deutsche Post eingereicht hat. Diese beziehen sich auf "nachgelagerte Verfahren zur Festsetzung neuer Maßgrößen".

Mutmaßlich geht es um die Festlegung des Portos für Prio- und Eco-Briefe, die die Deutsche Post wohl anbieten darf, sobald das reformierte Postgesetz in Kraft tritt. Angenommen, Prio- und Eco-Briefe werden bereits 2024 eingeführt, so müsste Monate vorher ein Portogenehmigungsverfahren in Gang gebracht werden.

Die Bundesnetzagentur hat es abgelehnt, sich damit jetzt schon zu beschäftigen. Viele exogene Faktoren seien noch offen, wie z.B. die "pünktliche und vollständige Einreichung der erforderlichen Kosten-, Absatz- und Erlösdaten, das Inkrafttreten der angekündigten Gesetzesnovelle, Verhalten dritter Verfahrensbeteiligter im Price-Cap-Entgeltgenehmigungsverfahren."





Fazit

Die Bundesnetzagentur hat erfreulicherweise zu Gunsten der Verbraucher entschieden und urteilt, dass die von der Deutschen Post genannten Gründe, die eine Preiserhöhung rechtfertigen sollen, "ausschließlich aus Entwicklungen außerhalb des genehmigungspflichtigen Price-Cap-Bereichs" resultieren. Damit ist der nicht-regulierte Geschäftskundenbereich gemeint.

Die Deutsche Post hält Preiserhöhungen bei Geschäftskunden für "nicht mehr durchsetzbar (...) bzw. wenn doch, dann nur mit Verlusten". Die Bundesnetzagentur nutzt als Gegenargument ein Gutachten von WIK-Consult zum belgischen Postmarkt. Darin wurde festgestellt, dass Geschäftskunden Preiserhöhungen sogar eher akzeptieren als Privatkunden.

Auch wenn das Gutachten nicht 1:1 auf Deutschland übertragbar sein sollte, sind laut Bundesnetzagentur "Preiserhöhungen im Geschäftskundenbereich genauso durchsetzbar (...) wie im Privatkundenbereich".

Ob die Deutsche Post im Briefbereich wirklich die Rabatte für Geschäftskunden kürzt, ist noch ungewiss (Paketda berichtete). Im Paketbereich erhielten einige DHL-Geschäftskunden eine Preiserhöhung zum 1. Oktober (Paketda berichtete).


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